Inzwischen ist es beinahe zur Tradition geworden: Am 27. September 2017 fand in Kiel nun schon zum fünften Mal das jährliche „Klassentreffen“ der Akteure aus der Schlaganfall-Versorgung im Norden statt – zum dritten Mal unter der Fahne des Schlaganfall-Ring. Unterdessen hat sich das Gesicht der Veranstaltung verändert: Aus den Workshops der Ideenfabriken der letzten Jahre entwickelten sich innovative und sehr spannende Projekte, die bei der diesjährigen Veranstaltung einmal genauer unter die Lupe genommen wurden. Doch auch die Erfahrungen von Betroffenen kamen nicht zu kurz, sie sorgten für die persönliche Note und vermittelten eindrücklich, wie das Leben nach dem Schlaganfall aussehen kann. Dirk Schnack führte die Teilnehmer an diesem Nachmittag gewohnt souverän durch die Veranstaltung.

Etwa 70 Teilnehmer fanden sich am 27.09. im Wissenschaftszentrum Kiel ein, um zu erfahren, wohin der Weg, dessen erste Schritte in den letztjährigen Veranstaltungen gegangen wurden, inzwischen geführt hat. Jürgen Langemeyer, Vorsitzender des Schlaganfall-Ring, berichtete nach der Begrüßung der Teilnehmer über den momentanen Stand der Vereinsarbeit und verortete in einem Marathon-Gleichnis unsere derzeitige Position bei Kilometer dreieinhalb – trotz aller Fortschritte gibt es also noch viel zu tun.

Anschließend wurde es Zeit, einmal einen Blick auf die derzeit laufenden Projekte zu werfen. Seit September 2016 läuft in Bad Segeberg die Ausbildung zum Schlaganfall-Helfer und Schlaganfall-Mentor, in der betroffene Patienten und Angehörige gemeinsam mit Profis aus unterschiedlichen medizinischen Bereichen geschult werden. Ziel ist es, dass die Helfer und Mentoren Schlaganfall-Betroffene beraten und in der chaotischen Zeit nach der Erkrankung unterstützen. Schlaganfall-Helferin Dorothee Krause aus Lübeck und die ehrenamtliche Schlaganfall-Mentorin Hanna Röske-Blasey aus Mölln berichteten, wie sie die Schulung erlebt haben und wie die Perspektive der „anderen Seite“ die Qualität der Schulung ausmacht.

Dass trotz der großen Fortschritte, die in der Schlaganfall-Versorgung und -Nachsorge in den letzten Jahren gemacht wurden, doch nicht immer alles glatt läuft, zeigte ein persönlicher Erfahrungsbericht der Betroffenen Marion David, deren Ehemann im Dezember 2016 einen Schlaganfall erlitt. Und auch, wie Patienten mit der Unterstützung ihrer Familie und einer gut organisierten Schlaganfall-Nachsorge ihr Leben wieder in die Hand nehmen können.

Wie diese Schlaganfall-Nachsorge weiter verbessert werden kann, erläuterte Prof. Dr. med. Hanna Kaduszkiewicz vom Institut für Allgemeinmedizin aus Kiel. Dieses startete nämlich gemeinsam  mit dem Schlaganfall-Ring ein Versorgungsprojekt, das in den Regionen die Akteure der Schlaganfall-Versorgung zusammenbringt, um einerseits die Kommunikation der Disziplinen untereinander zu verbessern und andererseits Lösungen für bestehende Versorgungsprobleme zu entwickeln. Die erste Initiative startete im Raum Rendsburg, wo seit einigen Monaten intensiv an praxisnahen Verbesserungsstrategien gearbeitet wird. Frau Turowski vom motion-center Holger Otto aus Rendsburg, die federführend in der Region aktiv ist, berichtete von den Ideen der Arbeitsgruppe und wie vor allem Patienten davon profitieren.

Über die neue Schnittstelle zwischen stationärer und ambulanter Versorgung in Kiel in Form eines Überleitungsbogens berichtete Dr. Johannes Meyne, Facharzt der Neurologie des UKSH. Dieser Bogen, der von einer Arbeitsgruppe des Praxisnetzes Kiel entwickelt wurde, stellt mit der Entlassung eines Patienten den weiterbehandelnden Ärzten zusätzliche wichtige Informationen zur Verfügung, die ihnen die Weiterbehandlung erleichtern.

Wie ressourcenaktivierende Heil- und Hilfsmittelversorgung aussehen kann, berichtete Mona Haberland, Ergotherapeutin aus den IFF Familienräumen in Pinneberg. Hier kann und soll der Patient an seiner Genesung mitarbeiten, seine Motivation bildet die Grundlage für eine effektive und disziplinübergreifende Behandlung. Die Schlaganfall-Ring-Box ergänzt diesen Nachsorgeprozess sinnvoll und unterstützt den Patienten, seine Ziele zu erreichen.

Dass auch Hobbies nach einem Schlaganfall nicht zu kurz kommen müssen, zeigte Priska Petersen aus Hamburg. Mit einer gelähmten Hand lässt es sich mit ein bisschen Übung sogar Stricken! Eine Vorführung des Einhandstrickens gab es für die verblüfften Teilnehmer, während die Aphasikerin Christiane Jung eindrucksvoll davon berichtete, dass das Leben auch mit einer Sprachstörung Spaß macht, so lange man sein Lachen nicht verliert.

Im Anschluss berichtete Karin Agor von der Knappschaft von den Kooperationsverträgen, die aktuell mit dem Schlaganfall-Ring geschlossen wurden und möglicherweise Vorbild für Verträge mit weiteren Kostenträgern werden könnten. Worum es sich dabei handelt, erfahren Sie hier.

Auch aus Niedersachsen gibt es innovative Ansätze zur Versorgung von Schlaganfall-Patienten. Im neu gegründeten Institut für Neuro-Rehabilitation Vechta, das zum Aphasie-Zentrum Josef Bergmann gehört, können Patienten eine Intensivtherapie absolvieren, die auf ihre individuelle Situation abgestimmt ist und alle Disziplinen beinhaltet.

Schließlich wurde es sportlich: Astrid Kalla, Präsidentin des Nordseegolfclubs St. Peter-Ording und Leiterin der Schlaganfall-Golfgruppe, zeigte eindrucksvoll, dass sportliche Aktivität nach Schlaganfall kein Problem sein muss. Die Mitglieder der Schlaganfall-Golfgruppe trainieren nicht nur das Abschlagen und Putten, sondern ganz nebenbei auch Rumpfstabilität, Koordination, Aufmerksamkeit, und vieles andere mehr.

Wir freuen uns sehr über die tolle Rückmeldung zu diesem vielseitigen Programm und danken den Teilnehmern herzlich dafür, dass sie diese Fachtagung zu einem so tollen Erlebnis für uns alle gemacht haben. Auch im nächsten Jahr wird es wieder das jährliche „Klassentreffen“ der Schlaganfall-Szene geben, da sind wir uns heute schon sicher.

Bewertung der Teilnehmer

Informationen im Vorfeld1,34
Räumlichkeiten1,34
Veranstaltungsablauf
1,24
Veranstaltungstermin1,38
Format der Veranstaltung
1,28
Themenauswahl
1,41
Länge der Vorträge / Erfahrungsberichte
1,38
Moderation
1,10
Möglichkeit für Diskussion / Austausch
1,21
Gesamteindruck
1,28